Das Stadtarchiv Bruneck veranstaltete in Zusammenarbeit mit dem Museumsverein Bruneck eine Ausstellung über den Brunecker Goldschmied, Sammler und Forscher Johann Nepomuk Tinkhauser (1787–1844), einen vielseitig begabten, interessierten und tätigen Bürger der Stadt an der Schwelle vom 18. zum 19. Jahrhundert.
Tinkhauser wurde in Bruneck als dritter Sohn des Seilers und Wirts Joseph Tinkhauser geboren. Nach einer Lehre in Brixen und einer kurzen Wandertätigkeit, die ihn nach Passau, Linz und Wien führte, ließ er sich in der Brunecker Oberstadt, im heutigen „Seeböckhäusl“, als Goldschmied nieder. Dort eröffnete er 1822 einen Laden und betätigte sich in der Folge auch als Kupferstecher, Zeichner, Maler und Installateur von Blitzableitern. Von 1822 bis 1824 war Tinkhauser auch Bürgermeister von Bruneck.
Bekannt ist Johann Tinkhauser heute vor allem wegen seines umfangreichen und reichhaltigen Werkes „Geschichtliche Nachrichten von der k.k. Kreisstadt Bruneck und derselben Umgebung“, das als „Brunecker Chronik“ 1981 durch Hubert Stemberger im Druck herausgegeben wurde und bis heute als wichtige Grundlage für die Erforschung der Geschichte der Stadt dient. In seinem Manuskript, das nach heutiger Kenntnis in sechs Fassungen überliefert ist, bietet Tinkhauser ein breites Panorama der Geschichte des Brunecker Beckens und des gesamten Pustertals, das in der Vorzeit beginnt und in Tinkhausers Gegenwart in den 1840er Jahren endet.
Von zumindest lokaler Berühmtheit war auch Tinkhausers Sammlung, die nach seinem Tod noch über Jahrzehnte im „Goldschmiedhäusl“ gehortet und von der Tochter Maria (verheiratete Seeböck) regelrecht als Schatz gehütet wurde. Die Kollektion umfasste neben einer ansehnlichen Handschriften‑, Druckgrafik‑, Bilder- und Büchersammlung auch Kunstgegenstände verschiedenster Art, von Spinnwebbildern und Gipsfiguren bis zu historischen Waffen, Musikinstrumenten, Münzen und Elfenbeinfiguren reichte die Palette.
Nach Maria Seeböcks Tod gingen sowohl das „Seeböckhaus“ als auch die Sammlung 1911 in den Besitz der Stadtgemeinde Bruneck über, die dafür die ansehnliche Summe von 40.000 Kronen bezahlte. Die Tinkhauser-Sammlung diente dem Heimatforscher Paul Tschurtschenthaler danach als Grundlage für sein Brunecker Heimatmuseum. 1913 wurde ein ausführliches Inventar angelegt, das uns heute wertvolle Auskunft über den ursprünglichen Umfang und Wert der Kollektion gibt. In den unruhigen Zeiten der 1930er und 1940er Jahre erlebte diese nämlich eine regelrechte Odysee, wurde nach Bozen gebracht und dort unsachgemäß eingelagert, wodurch zahlreiche Stücke unwiederbringlich zerstört, andere schwer beschädigt wurden. Die Reste der einst für die kleinstädtischen Verhältnisse in Bruneck äußerst ungewöhnlichen Sammlung wie auch der Bibliothek wurden in den 1980er Jahren nach Bruneck rücküberführt und sind heute im Stadtmuseum sowie im Südtiroler Volkskundemuseum in Dietenheim verwahrt. Ein kleiner Teil des Familienarchivs der Tinkhauser befindet sich im Stadtarchiv in Bruneck.
In der Ausstellung „Kunst- und Wunderkammer“ wurde Johann Nepomuk Tinkhauser vorgestellt und ein Einblick in Leben und Wirken dieses beeindruckenden Vertreters des Brunecker Bürgertums geboten, der den Übergang vom Alten Reich zum Vormärz miterlebt, beobachtet und in seinen „Geschichtlichen Nachrichten“ beschrieben hat. Neben den Schriften sind seine künstlerischen Arbeiten von Bedeutung, mit denen er sich als Zeichner, Maler, Kupferstecher und Gold- und Silberarbeiter in Bruneck und über die Stadt hinaus einen Namen gemacht hat. Sowohl sein (kunst-)handwerkliches Schaffen als auch seine Sammlung wurden im Rahmen der Ausstellung in einen größeren historischen Kontext gestellt.
Begleitend zur Ausstellung ist ein Katalog mit dem Titel „Auf der Schwelle einer neuen Zeit: Der Brunecker Goldschmied, Sammler und Forscher Johann Nepomuk Tinkhauser (1787–1844) / Alle soglie di una nuova epoca: L’orafo, collezionista e studioso brunicense Johann Nepomuk Tinkhauser (1787–1844)“ erschienen. Die Ausstellung war bis zum 14. Februar 2016 zugänglich. Am 20. Jänner 2016 fand eine Kuratorenführung statt.