Die Beschwerde eines Marktkrämers

Der Loren­z­i­markt in Bru­neck fand in jedem Jahr um den 10. August, den Patrozini­um­stag des Hl. Lau­ren­tius, statt und dauerte bis zu 14 Tage. Der Markt war ein wichtiges gesellschaftlich­es Ereig­nis, eine gute Gele­gen­heit für Händ­lerin­nen und Händler, ihre Waren abzuset­zen, aber auch eine bedeu­tende Ein­nah­me­quelle für die Stadt, die Krämer­stände zur Ver­fü­gung stellte und dafür Gebühren ein­hob.

Der Jurist, Heimat­forsch­er und Autor Paul Tschurtschen­thaler (1874–1941) beschreibt in seinem „Bru­neck­er Heimat­buch“ (erschienen 1928) anschaulich die Geschichte des Loren­z­i­mark­tes im 16. Jahrhun­dert. Er geht davon aus, dass der Markt seine höch­ste Blüte in der zweit­en Hälfte des 15. und anfangs des 16. Jahrhun­derts hat­te, als er zunächst „ein­er der bedeu­tend­sten Märk­te des Lan­des“ gewe­sen, danach zu einem Markt mit lokaler Bedeu­tung her­abge­sunken und zulet­zt auf einen kleinen Viehmarkt reduziert wor­den sei. Diesen Viehmarkt kan­nte Tschurtschen­thaler noch aus eigen­em Erleben.

Im Bru­neck­er Stadtarchiv ist eine große Zahl von „Mark­treg­is­tern“ erhal­ten, auf die der Heimat­forsch­er hin­weist. Diese Reg­is­ter lis­ten die Namen der Mark­tleute ab 1532 und bis zum Ende des 18. Jahrhun­derts auf und geben zum Teil Auskun­ft über die ange­bote­nen Waren. Exem­plar­isch geht Tschurtschen­thaler auf ein „Mark­treg­is­ter­büch­lein“ aus dem Jahr 1548 ein, aus dem sich ergibt, dass an der „Lucke“, dem heuti­gen Flo­ri­an­i­tor, auf der Brücke zum Graben, den Graben ent­lang und bis hinüber zum heuti­gen Stan­dort des Hotels Post Mark­t­stände aufge­baut waren.

Unter den Stand­be­treibern waren 1548 Kau­fleute aus Brix­en, Klausen, Sterz­ing und Matrei, aber auch aus den weit­er ent­fer­n­ten Städten Verona, Fel­tre, Kempten und Augs­burg. Dazu kamen die Händ­lerin­nen und Händler aus Bru­neck und den umliegen­den Orten. Ins­ge­samt kon­nte die Stadt 100 „Stand­hüt­ten“ vergeben, wobei es neben den Verkauf­sstän­den auch „Spiel­hüt­ten“ und aller­hand andere Attrak­tio­nen zur Belus­ti­gung und Unter­hal­tung der Marktbesucher*innen gab.

Im Stadtarchiv ist eine weit­ere Quelle zum Loren­z­i­markt über­liefert, die Paul Tschurtschen­thaler nicht erwäh­nt. Sie ist ein bemerkenswertes Zeug­nis über die indi­vidu­elle Erfahrung des Händlers Jakob Chris­t­ian von Klotz, eines Bürg­ers von Brix­en, der im Jahr 1586 eine Bittschrift ein­re­ichte. In dieser beschw­erte er sich darüber, dass durch das Regen­wet­ter großer Schaden an seinen Krämer­waren ent­standen sei. Schon seit län­ger­er Zeit reise er mit „Cramerei“ auf Märk­te, darunter auch regelmäßig zum Loren­z­i­markt nach Bru­neck, und möchte dies auch weit­er­hin tun. Dies­mal aber wäre das Dach seines Standes „nit zum aller pesten gemacht gewest“, wie es in der Bittschrift heißt. Klotz bat deshalb für das näch­ste Jahr um die Bewil­li­gung zweier benach­barter Stände „bei dem mitern thor auf der pruggen“ (als mit­tleres Tor wurde das heutige Flo­ri­an­i­tor beze­ich­net). Wäre das nicht möglich, sollte sein bish­eriger Stand zumin­d­est bess­er über­dacht, vorne um eine Elle und hin­ten an der Wand um drei Vier­tel der ursprünglichen Höhe erhöht wer­den.

Der Bitte des Händlers wurde insofern stattgegeben, als dass ein Schreiber auf der Rück­seite des Blattes notierte, dass in Zukun­ft der Stand bess­er herzuricht­en sei. Das­selbe wurde auch im städtis­chen Rat­spro­tokoll ver­merkt. Offen­bar war der Stadt Bru­neck daran gele­gen, „alteinge­sesse­nen“ Händ­lerin­nen und Händlern ent­ge­gen­zukom­men und ihre Beschw­er­den ernst zu nehmen. Inter­es­sant ist, dass Klotz offen­bar über Jahre hin­weg densel­ben Stan­dort “auf der pruggen”, also auf der Brücke am Flo­ri­an­i­tor, für seinen Mark­thandel nutzen kon­nte.

Eine weit­ere Beson­der­heit dieser außergewöhn­lichen Quelle sei noch erwäh­nt: Wir erhal­ten einen zufäl­li­gen Ein­blick in das Wet­ter vor etwa 440 Jahren; der August 1586 scheint recht ver­reg­net gewe­sen zu sein.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Aus den Beständen, Fundstücke, Stadtgeschichte abgelegt und mit , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert